Veröffentlichung: 14. August 2024
Ein Leitfaden für alle Erwachsene - mit und ohne Kinder
Übergänge sind ein unvermeidlicher Teil des Lebens. Von der Kindheit bis ins Erwachsenenalter stehen wir immer wieder vor Veränderungen – kleine wie grosse. Ob der Wechsel vom Kindergarten in die Schule, der Umzug in eine neue Stadt, ein neuer Job oder persönliche Veränderungen wie das Älterwerden: Übergänge stellen uns vor Herausforderungen. Für Kinder und Erwachsene gleichermaßen kann es schwierig sein, sich an neue Situationen anzupassen. In diesem Artikel gebe ich Ihnen einige Impulse, wie Eltern ihre Kinder beziehungsorientiert auf Übergänge vorbereiten können und wie Erwachsene selbst ihre persönlichen Übergänge besser erkennen, vorbereiten und meistern können.
1. Was sind Übergänge und warum sind sie wichtig?
Übergänge sind Phasen des Wechsels von einem Zustand, einer Situation oder Lebensphase in eine andere. Für Kinder kann dies beispielsweise der Übergang vom Spielen zum Aufräumen, von den Eltern zu den Grosseltern, ein Klassenwechsel oder von einer ruhigen Zeit zu einer Aktivität sein. Für Erwachsene sind Übergänge oft komplexer, wie der Wechsel von einer beruflichen Position zu einer anderen oder der Schritt in eine neue Lebensphase.
Übergänge sind wichtig, weil sie Wachstum und Entwicklung fördern. Sie zwingen uns, uns anzupassen, neue Fähigkeiten zu erlernen und uns weiterzuentwickeln. Gleichzeitig können sie jedoch Stress auslösen, insbesondere wenn sie abrupt oder ohne ausreichende Vorbereitung stattfinden.
2. Warum wir evolutionär bedingt Übergänge nicht mögen
Unser Gehirn ist evolutionär darauf programmiert, den Status quo zu bevorzugen. Veränderungen – und damit auch Übergänge – wurden in der menschlichen Geschichte oft als Bedrohung wahrgenommen. In Zeiten, in denen das Überleben von der Fähigkeit abhing, Gefahren schnell zu erkennen und zu vermeiden, war es sinnvoll, dem Unbekannten mit Vorsicht zu begegnen.
Das limbische System, insbesondere die Amygdala, spielt eine zentrale Rolle in der Verarbeitung von Angst und Stress. Wenn wir mit einem Übergang konfrontiert werden, aktiviert unser Gehirn oft unbewusst das „Kampf-oder-Flucht“-System, da es die neue Situation als potenziell bedrohlich einstuft. Diese Reaktion war in der Wildnis für das Überleben wichtig, aber in der modernen Welt kann sie zu unnötigem Stress führen, wenn wir etwa einen neuen Job antreten oder einen Umzug in eine andere Stadt planen. Darüber hinaus haben wir eine natürliche Vorliebe für Routine und Vorhersehbarkeit. Das Gehirn mag Muster, weil sie Energie sparen. Wenn wir wissen, was als nächstes kommt, muss unser Gehirn weniger arbeiten. Übergänge unterbrechen diese Muster und zwingen uns, neue Wege zu finden, um mit der Situation umzugehen.
3. Übergänge für Kinder beziehungsorientiert gestalten
Für Kinder können Übergänge besonders schwierig sein, da sie noch keine umfassenden Bewältigungsstrategien entwickelt haben. Eine beziehungsorientierte Herangehensweise bedeutet, dass Eltern die emotionalen Bedürfnisse ihrer Kinder während dieser Phasen in den Vordergrund stellen. Hierzu einige Gedanken:
a) Vorbereitung und Vorhersagbarkeit: Kinder profitieren davon, wenn sie wissen, was auf sie zukommt. Sprechen Sie rechtzeitig über bevorstehende Übergänge und erklären Sie in einfachen Worten, was passieren wird. Dies gibt dem Kind das Gefühl, dass es die Kontrolle hat und reduziert Ängste. Wie viel Vorbereitung notwendig ist, ist von Kind zu Kind und von Situation zu Situation unterschiedlich. Tasten Sie sich hier gern an den passenden Zeitpunkt heran. Je mehr Erfahrungen Sie mit Ihrem Kind sammeln, desto zielgenauer werden Sie mit den Vorbereitungen starten können.
b) Übergangsobjekte: Ein vertrauter Gegenstand, wie ein Lieblingskuscheltier oder eine Decke kann helfen, dem Kind Sicherheit zu geben. Diese Übergangsobjekte können eine Brücke zwischen dem Alten und dem Neuen schlagen und dem Kind in der neuen Situation Trost und Sicherheit spenden. Bei grösseren Kindern bieten Sich hier auch Schmuckstücke (wie z.B. ein Armband) oder Duftanker an.
c) Rituale und Routinen: Rituale geben Struktur und schaffen Vertrauen. Wenn das Kind weiß, dass es nach dem Abendessen immer eine Geschichte gibt, fühlt es sich sicher und kann den Übergang ins Bett besser bewältigen. Solche Rituale können auf viele Übergänge angewendet werden, sei es der Wechsel von zu Hause in die Kita oder von einer Aktivität zur nächsten. Passen Sie bei grösseren Veränderungen Ihre Routinen und Rituale bereits vor der Veränderung schrittweise an die neue Situation an. So sind die Rituale bereits gefestigt und geben dann in der effektiven Veränderung Sicherheit und Orientierung.
d) Emotionales Coaching: Kinder brauchen Unterstützung, um ihre Gefühle zu verstehen und zu verarbeiten. Sprechen Sie mit Ihrem Kind über seine Gefühle und versichern Sie ihm, dass es in Ordnung ist, unsicher oder ängstlich zu sein. Zeigen Sie Verständnis und entwickeln Sie mit dem Kind gemeinsam Strategien, wie mit diesen Gefühlen umgegangen werden kann.
4. Persönliche Übergänge als Erwachsene meistern
Auch für Erwachsene sind Übergänge oft herausfordernd. Sie können mit einem Gefühl von Unsicherheit, Angst oder sogar Trauer einhergehen. Hier sind einige Strategien, um persönliche Übergänge besser zu bewältigen:
a) Selbstreflexion und Achtsamkeit: Nehmen Sie sich Zeit, um über Ihre Gefühle und Gedanken nachzudenken. Achtsamkeitsübungen können helfen, sich auf den Moment zu konzentrieren und die eigenen Emotionen besser zu verstehen. Fragen Sie sich: Was macht mir an diesem Übergang Angst? Welche Chancen bietet er?
b) Planung und Vorbereitung: Genau wie bei Kindern ist auch bei Erwachsenen Vorbereitung der Schlüssel. Wenn Sie einen Übergang antizipieren können, planen Sie im Voraus. Überlegen Sie, welche Schritte notwendig sind, um den Übergang so reibungslos wie möglich zu gestalten. Was brauchen Sie in der Veränderung (oder bereits vorher), damit Sie sich trotzdem sicher und geborgen fühlen? Was müssen Sie noch wissen, um sich auf die Veränderung einlassen zu können?
c) Unterstützung suchen: Übergänge müssen nicht alleine bewältigt werden. Suchen Sie sich Unterstützung, sei es durch Freunde, Familie oder professionelle Beratung. Der Austausch mit anderen kann helfen, Perspektiven zu gewinnen und den Übergang besser zu verstehen. Grad bei ungeplanten oder kurzfristigen Übergängen kann dies eine sehr hilfreiche Strategie sein.
d) Akzeptanz und Flexibilität: Akzeptieren Sie, dass Veränderungen Teil des Lebens sind. Je mehr wir versuchen, uns gegen Übergänge zu wehren, desto schwieriger können sie werden. Eine flexible Einstellung ermöglicht es Ihnen, sich besser an neue Situationen anzupassen. Hierbei könnte Ihnen wiederum ein Coaching die notwendige Unterstützung bieten, wenn Sie spüren, dass Sie alleine nicht weiterkommen.
5. Die Rolle des Gehirns bei der Bewältigung von Übergängen
Das menschliche Gehirn ist bemerkenswert anpassungsfähig. Während es von Natur aus Veränderungen skeptisch gegenübersteht, kann es auch lernen, mit Übergängen umzugehen und sie als positive Herausforderungen zu sehen. Dieser Prozess wird als Neuroplastizität bezeichnet – die Fähigkeit des Gehirns, sich neu zu verdrahten und an neue Erfahrungen anzupassen. Bei der Bewältigung von Übergängen spielen verschiedene Hirnregionen eine Rolle. Der präfrontale Kortex, der für Planung und Entscheidungsfindung zuständig ist, hilft uns, neue Strategien zu entwickeln und uns auf Veränderungen vorzubereiten. Gleichzeitig kann regelmäßiges Üben von Achtsamkeit und emotionaler Selbstregulation dazu beitragen, die Amygdala zu beruhigen und übermäßige Stressreaktionen zu vermeiden.
Es ist auch wichtig zu erkennen, dass Übergänge Zeit brauchen. Unser Gehirn benötigt Zeit, um sich auf neue Routinen einzustellen und alte Gewohnheiten loszulassen. Geduld mit sich selbst und anderen ist daher ein wesentlicher Bestandteil des Übergangsprozesses.
6. Fazit
Übergänge sind ein unvermeidlicher und notwendiger Teil des Lebens, aber sie müssen nicht zwangsläufig negativ sein. Mit der richtigen Vorbereitung und Unterstützung können Übergänge zu wertvollen Erfahrungen werden, die persönliches Wachstum fördern. Für Kinder bedeutet eine beziehungsorientierte Herangehensweise, dass ihre emotionalen Bedürfnisse ernst genommen und sie in ihren Ängsten unterstützt werden. Für Erwachsene ist es wichtig, Übergänge bewusst zu gestalten und sich selbst die Zeit und den Raum zu geben, die sie brauchen, um sich anzupassen. Wenn Sie merken, dass Sie in einem Übergang oder einer Veränderung bei sich oder Ihrem Kind Widerstand spüren, werden grad nicht alle Bedürfnisse beachtet. Wenn Sie dabei Unterstützung möchten - melden Sie sich gern bei mir!